Frau Endlich fängt weiter an

 

Gedankensammelanlage zu Coronazeiten Teil 2

 

Es ist irre, was für Wellen in gedanklicher und gefühlter Form auf mich zukommen und wieder gehn. Ebbe und Flut eben.

 

Obwohl ich heute nicht aus meiner Wohnung gegangen bin, kommt es mir so vor, als wär' ich mindestens zwei Tage "unterwegs" gewesen.

So etwas Ähnliches kenne ich bisher hauptsächlich von erlebten Reisen, in denen es am Tag viel zu entscheiden, hören, reden, sagen, essen,... schlichtweg: aufzunehmen gab. Aber alles im Außen - draußen.

 

Und nun bewege ich mich vom Sofa zum Tisch, zur Küche, aufs Klo, zum Händewaschen und wieder zurück und merke, wie viel ich dennoch an diesem Tag (in mir) erlebt habe.

Heute gab es Videoanrufe mit Freunden und Familie, habe eine 5-stündige online-Vorstandssitzung mit den "Clowns ohne Grenzen" abgehalten und in meinen Notizen, die ich gestern bei meinem neuen Minijob gemacht habe, in Ruhe nach-geschaut und nochmals nach-empfunden was es da alles zu lernen gibt.

 

Mein neuer Minijob, den ich eigentlich schon viel früher hätte anfangen sollen, macht mir unglaublich viel Freude und bereichert mich endlich so un-endlich.

Seit dieser Woche bin ich beim Bestatter.

Da wollt ich schon immer hin. Ich wollte schon immer dabei sein und erfahren, wie alles um den Tod herum so... so, naja... "backstage" abläuft.

 

Meine Eltern haben es schon vor mir bei mir gesehen, dass ich in diesem Bereich gut aufgehoben wäre, oder anders formuliert - dass der Bereich bei mir gut aufgehoben wäre. Es hat ein paar Winter gedauert bis ich verstand was meine Eltern damit mein(t)en.

 

Kurz: mein Vater ist Pfarrer im wohlverdienten Ruhestand, meine Mutter Kirchenmusikerin. Meine Geschwister und ich haben den Kirchen-"backstage-Bereich" von klein auf erlebt.

 

Gerne erinnere ich mich daran zurück, wie ich als ca. 3-Jährige während einer Predigt meines Vaters unter seinem Talar verschwunden bin, um das beste Versteck der ganzen Welt zu haben. Nun ja, ich erinnere mich dunkel daran - nicht wegen meines zarten Alters, sondern aufgrund des schwarzen Talars.

Auch habe ich als Kind erlebt, wie mich Angehörige am Telefon weinend darum baten, mit meinem Vater sprechen zu dürfen, um ihn über den Tod eines Familienangehörigen zu unterrichten oder der katholische Pfarrer meine Mutter darum bat, bei einer anstehenden Beerdigung kurzfristig einzuspringen.

 

Ich weiß, dass es mich damals schon "interessiert" hat - die Trauer, der Tod - und wie Menschen - meine Eltern inklusive - damit umgehen.

 

Aber, ach, eigentlich wollte ich doch.. aber das mach ich Morgen.

Da muss ich dringend meine Gedanken von der ersten Woche beim Bestatter sortieren. Ganz ehrlich: es gibt Dinge, die kann man sich nicht ausdenken, also zumindest ich nicht... Dazu später mehr.

 

 

 

 

       

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